Veranstaltung: | Herbst-MVV Tempelhof-Schöneberg 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Inhaltliche Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Kreisvorstand Tempelhof-Schöneberg |
Eingereicht: | 02.10.2024, 19:07 |
Für ein Berliner Demokratiefördergesetz und den Schutz der Unabhängigkeit der Landeszentrale für politische Bildung
Beschlusstext
Ein Demokratiefördergesetz für Berlin
In einer Zeit wachsender politischer Polarisierung und vermehrter Angriffe auf
demokratische Grundwerte ist die Förderung der Demokratie dringend notwendig.
Wir erleben einen besorgniserregenden Anstieg gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit, darunter Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit,
Homo- und Transfeindlichkeit, und die grundlegende Infragestellung
demokratischer Werte und Institutionen. Diese Entwicklungen stellen eine
Bedrohung für viele Menschen in unserem Land und für den gesellschaftlichen
Zusammenhalt da. Projekte, Initiativen und zivilgesellschaftliche
Organisationen, die sich aktiv für die Verteidigung von Demokratie und
Menschenrechten einsetzen, sind daher heute wichtiger denn je. Daher braucht
Berlin dringend ein Demokratiefördergesetz, um einen verlässlichen Rahmen für
die demokratiefördernde Arbeit im Land Berlin zu schaffen und Extremismus und
Menschenfeindlichkeit zu vorzubeugen.
Die schwarz-rote Landesregierung hat in Ihrem Koalitionsvertrag die Schaffung
eines solchen Gesetzes vereinbart. Ein von der Sozialverwaltung vorgelegtes
Eckpunktepapier wird allerdings von der CDU-geführten Bildungsverwaltung
blockiert. Eine baldige Verabschiedung ist nicht absehbar.
Politische Bildung muss unabhängig bleiben!
Auch der Schutz der bestehenden Institutionen zur politischen Bildung,
insbesondere der Landeszentrale für politische Bildung ist wichtig wie nie. Die
Landeszentrale spielt eine zentrale Rolle in der demokratischen Bildung und der
Bekämpfung von Menschenfeindlichkeit und Radikalisierung. Wir Grünen in
Tempelhof-Schöneberg lehnen die geplante Schaffung der neuen Stabsstelle
„Politische Bildung und Demokratieförderung“ in der Bildungsverwaltung
entschieden ab. Diese Stabsstelle würde tief in die Unabhängigkeit der
Landeszentrale eingreifen und ihre Arbeit politisch beeinflussen.
Die Landeszentrale soll in Zukunft ihre Programme sowie die Förderung von
Projekten inhaltlich mit der Stabsstelle abstimmen und sie von ihr genehmigen
lassen. Auch das Jahresprogramm, die Förderung einzelner Träger sowie die
Erstellung von Bildungsmaterialien sollen nur mit Zustimmung der Stabsstelle
erfolgen. Dies stellt einen nie dagewesenen Eingriff in die Autonomie der
Landeszentrale dar. Die Tatsache, dass die Stellen der neuen Stabsstelle nicht
ausgeschrieben, sondern direkt ernannt werden sollen, weckt Zweifel an deren
politischen Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit ist jedoch ein zentraler
Pfeiler der politischen Bildungsarbeit.
Der Versuch der CDU-geführten Bildungsverwaltung, die Landeszentrale durch eine
politisch gesteuerte Stabsstelle zu kontrollieren, könnte dazu führen, dass
unbequeme oder politisch unerwünschte Inhalte nicht mehr gefördert werden. Schon
im Kuratorium der Landeszentrale hat die CDU versucht, die Ausrichtung der
Einrichtung „umzukrempeln“, weil diese nach Auffassung der CDU etwa mit Kursen
zu antimuslimischem Rassismus oder Antifeminismus zu sehr auf Identitätspolitik
setze. In Zeiten zunehmender rassistischer, antisemitischer, misogyner und
queerfeindlicher Übergriffe braucht Berlin aber mehr antirassistische und
antisexisitische Bildungsarbeit und nicht weniger!
Demokratieförderung auch vor Ort
Die Bedrohung der Demokratie ist nicht abstrakt – sie zeigt sich in unseren
Kiezen und Gemeinschaften. In Tempelhof-Schöneberg gibt es bereits zahlreiche
Projekte, die sich erfolgreich für die Förderung der Demokratie und den Abbau
von Diskriminierung einsetzen. Diese Projekte sorgen dafür, dass demokratische
Werte in unseren Kiezen gelebt und weitergegeben werden. Ein
Landesdemokratiefördergesetz könnte genau solche Projekte nachhaltig stärken,
indem es ihnen langfristige Planungssicherheit und stabile finanzielle Förderung
bietet. Diese Projekte sind essenziell für den Erhalt einer offenen und
demokratischen Gesellschaft vor Ort und dürfen nicht durch politische
Einflussnahme in ihrer Arbeit eingeschränkt werden.
Forderungen
Die Unabhängigkeit der Landeszentrale für politische Bildung muss erhalten
bleiben. Wir fordern den Berliner Senat auf, die Pläne zur Schaffung der
Stabsstelle umgehend zurückzunehmen und die Unabhängigkeit der Landeszentrale
für politische Bildung zu wahren und stattdessen ein umfassendes und
nachhaltiges Demokratiefördergesetz zu verabschieden, um die langfristige
Förderung von Demokratie und zivilgesellschaftlichem Engagement zu
gewährleisten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und
extremistischen Tendenzen entgegenzuwirken. Insbesondere lokale Projekte, wie
die in Tempelhof-Schöneberg, müssen durch klare und langfristige finanzielle
Unterstützung abgesichert werden, um demokratische Werte in unseren Kiezen zu
festigen.